Künstlerin des Monats Oktober 2017- Meide Büdel

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Ins Blaue

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Rummelsberg ist geprägt durch die diakonische Arbeit in den Einrichtungen der Jugend-, Alten- und Behindertenhilfe der Rummelsberger Diakonie. Die Rummelsberger Diakonie ist heute einer der großen diakonischen Träger in Bayern. Ursprünglich war sie eine der verdienstvollen kirchlichen Gründungen des 19. Jahrhunderts, die auf die mangelhafte Versorgung der Armen, Schwachen und Kranken, das soziale Elend der Frühindustrialisierung reagierte.

Ein weiteres soziales Angebot, das auf heutige Bedürfnisse eingeht, findet sich auf dem zu der Anlage gehörenden Friedhof. Mit der „Bestattung unter Bäumen“  gibt es die Möglichkeit, sich unter einem der 350 Grabbäume bestatten zu lassen. Auf einem Gedenkstein sind die Namen der Toten eingraviert.

Angrenzend an das Friedhhofsgelände befindet sich  die Philippuskirche im Stil einer romanischen Basilika. Die Krypta hat die Bildhauerin Meide Büdel im Jahr 2015 umgestaltet zu einer Tageskapelle, die bei Bestattungen genutzt wird und für Einzelandachten offen steht.

Meide Büdel hat schon zahlreiche Werke für Kirchen und Kapellen geschaffen. Ihre Skulpturen aus Stahl, Holz und Beton sind geradlinig. Doch sie wirken nicht erstarrt oder designed. Das Bezwingende an Meide Büdels Arbeiten ist  die Zutat von einer Prise Überraschung, die ihren formal strengen Objekten das gewisse Etwas verleiht. Allen wohnt dadurch ein Quantum Humor, Poesie, Lebendigkeit inne. Wie macht sie das? Zum Beispiel, indem Holzbretter zwischen zwei stählernen Platten eingeklemmt sich räkeln und rühren (Stadtkirche Groß-Gerau), eine schwere Stahlplatte wie eine Kinderschaukel im Altarraum hängt (Altar, Christuskirche Nürnberg, 2008 Kunstpreis der bayerischen Landeskirche) eine Kreuzigungsgruppe ihre Piedestale leer zurückgelassen hat (Gulbransson-Kirche, Rottach-Egern). Aus der Reduktion und formalen Strenge lassen sich plötzlich Geschichten gewinnen, wenn man sich auf die kleinen Abweichungen konzentriert.

Im Andachtsraum des Rummelsberger Friedhofs ist die dominierende architektonische Form der Rundbogen beim Deckengewölbe, den Fensterlaibungen, dem Torbogen. Dem setzt Meide Büdel bei Altar und Bestuhlung das Quadrat entgegen, das in seiner Ausgeglichenheit der Rundung am nächsten kommt. Da der Raum klein ist, hat sie die weiteren Teile der Einrichtung fast unkörperlich gehalten: Kerzenständer, Lesepult, ein Tragekreuz aus Stahl. Dieses ist  aus Stahl und Edelstahl zusammengeschmolzen, der dunkle Schaft wandelt sich zum hell glänzenden Kreuz. Das Erinnerungsbuch für die Besucher hat einen besonderen Ort erhalten, der den Eintragungen Würdigung verspricht.

Die Bildhauerin hat als wesentliches Kriterium für die Raumatmosphäre Farbe gewählt, Farbe in/auf Glas. Es ist ein kräftiges Blau, das bei den Fenstern reine Farbwirkung ist. Von aussen spiegeln sich die Bäume des Parks, die Fenster werden zum Bild. Die große Eingangstür ist wie das Tor in eine andere Welt. Die mundgeblasenen, blauen Überfanggläser sind partiell geätzt, sodass hellere und dunklere Zonen entstehen wie Wolken, die sich öffnen.  Es sind Spiegelungen als auch eine gewisse Durchsicht gegeben, sodass eine unwirkliche Situation des Dazwischen entsteht, ein Empfinden, der alltäglichen Wahrnehmung entrückt zu sein, vielleicht auch,  nur durch eine dünne Membran von einem anderen Zustand getrennt zu sein. Es wird nicht direkt in Form von Worten oder Symbolen gesprochen von der christlichen Auferstehung und doch befreit der Raum und vermittelt Trost und Hoffnung. Es ist hier gelungen, dem  Material und der Verarbeitung die Botschaft eines Ortes für Lebende und Tote immanent mitzugeben.

Text: Claudia Breinl / Fotos: Günter Tischer

Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei GmbH, Gustav van Treeck, D-80798 München

Meide Büdel: www.kunstundreligion.de/atelierbesuche/2016/buedel

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