Künstler des Monats – Jakub Nepras

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Jakup Nepras ist ein tschechischer Künstler (*1981 Prag), der eine besondere Kunstform entwickelt hat, die traditionelle Materialien mit der Kunstform des Filmischen verschmelzen lässt. Er schafft hybride Werke zwischen Malerei, Animation, Film, Klang und Skulptur, die man so vorher noch nicht gesehen hat. Von anfänglich zweidimensionalen Videomalereien gelangte Nepraš zu Objekten und Skulpturen.

Auch diese dreidimensionalen Arbeiten sind Projektionsflächen für Videocollagen. Die Filme dreht Nepras selbst. Sie fangen alltägliche Eindrücke urbaner und naturnaher Umgebungen ein und transformieren sie in trickfilmverwandter Weise. In Rhythmen und Ornamente aufgelöst finden sie  als Strukturen und Farben ihre Rolle in den pulsierenden Farb- und Formflächen der Werke. Sie tanzen und zucken über unterschiedliche Oberflächen, die rauh, zerklüftet oder ganz glatt sein können.  Nepras verbindet natürliche Fundstücke wie Steine, Hölzer, Muscheln, Abfall, Fundgut aller Art, zu disparaten Gebilden und stattet diese dann mit Equipment aus, das auf ihren Oberflächen und  in den Zwischenräumen oszillierende Farb- und Lichtbildschleier vibrieren läßt. Glasformen werden immer Teil der Objekte, denn so ergeben sich irisierende Pänomene, Spiegelungen und Reflexionen, die auch den Umraum des Werks einbeziehen. Seine Ausstellungsräume  brauchen Dunkelheit, damit  die Werke ihre Suggestion ausüben können.

Bei genauem Hinsehen entdeckt man in den Farb- und Formströmen und -feldern einzelne Bildsequenzen wie rennende Menschen, sich drehende Objekte, fahrende Autos, pickende Vögel, rollende Züge, fliessendes Wasser, flirrendes Gras. Bilder sind in ständiger rhythmischer Bewegung, tauchen auf,  überlagern sich, verwandeln sich, verschwinden und scheinen eine Methapher für den ständigen Kreislauf von Werden und Vergehen. Man kann den Eindruck gewinnen, das zu sehen, was ein Gott sehen würde – das unentwegte ruhelose Gewimmel der Menschen wie in einem Ameisenhaufen und die leisen stetigen Grundrhythmen der Natur. In der Arbeit MEADOW (2012,  Videoskulptur und Klang, Plexiglas, Naturstein, 170x95x35 cm, 4 Minuten Loop, Foto: Archiv des Künstlers) hat Nepras etwa über die Kommunikation der Steine nachgedacht. Denn die Steine, die er in zwei hintereinander hängende Plexiglasscheiben eingeschmolzen hat, kommunizieren miteinander, schicken sich lichtfarbene Botschaften, ein Geheimcode, der für uns nicht zu entschlüsseln ist.

Die Videomalerei LIANA (2007, Videocollage und Klang, Projektion auf Glas oder Wand, 2 Minuten Loop, Foto: Archiv des Künstlers) ist entstanden aus der Vorstellung des Künstlers,  aus den unzähligen Fragmenten menschlicher Eigenarten, Erinnerungen, Träume eine sichtbare Struktur zu schaffen,  die anmutet wie der Blick durch ein  Mikroskop der besonderen Art. In FOSSIL (2007, Videocollage mit Klang, Projektion auf Plexiglas, 2 Minuten Loop) erzählt Nepras in üppigen Farben und Formmetamorphosen von Untergang und Neuanfang, von Schönheit und Zerstörung.

Nicht unerwähnt darf das Akustische bleiben, das den Werken kongenial zugehörig sind.  Auf die Bilder genau zugeschnitten in Stimmung, Dynamik und Rhythmus verstärken die elektronischen Kompositionen die atmosphärische Wirkung der Bilder. Es sind Klangteppiche, die ähnlich wie die Bildwerke ineinander verschwimmen, sich überlagern, Ebenen bilden, die aus technoiden, menschlichen und Naturgeräuschen komponiert und collagiert sind. Sie erzeugen eine zusätzliche sinnliche Tiefendimension bei der Wahrnehmung, eine schwerelose Stimmung der Freiheit und des ungehinderten Assoziationsflusses.

Text: Claudia Breinl

Filme und Bilder: Archiv des Künstlers

www.jakubnepras.com