Von Dezember 2013 bis Januar 2014 flog ein Schwarm Vögel durch die Münchner Heilig Geist Kirche. Mit Les Colombes ... Die weißen Tauben ließ der Multimediakünstler Michael Pendry die namensgebenden Tiere in dem Mittelschiff der gotischen Hallenkirche schweben.
Bereits von außen wies die abendliche Illumination auf ein besonderes Raumerleben in der bekannten Kirche am Viktualienmarkt hin. Aus den Kirchenfenstern schien das blaue Licht und lud damit über 14.000 Besucherinnen und Besucher in den Kirchenraum ein. Während der Lichtinstallation nehmen die intensiv in Blau- und Lilatönen illuminierten Tauben den Raum ein, sie werden zum Zentrum. Durch das gesamte Kirchenschiff bewegt sich der Schwarm in Richtung des Altars. Der Raumeindruck des Kirchenschiffs wird durch den Fokus auf die Installation entmaterialisiert – ein neuer Erfahrungsraum durch Lichtspiel und Klangteppich in den Kirchenraum gesetzt. Die barocke Pracht soll sich zeitweise visuell unterordnen, fordert der Münchner und Londoner Künstler.
Im Tageslicht zeigen die Tauben eine weitere Fassette ihrer Materialität. Les Colombes spielen mit der Verdeckung der barocken Innenausstattung und der illusionistischen Quadratura Deckenmalerei. Sie lassen Durchblicke zu, korrespondieren trotz des Materialkontrastes mit den Tauben in der Fresketierung und führen den Blick zur Ausgießung des Heiligen Geistes im Hochaltargemälde. Die Colombes fügen sich auch während der liturgischen Praxis in die Raumästhetik ein, tun unaufdringlich – durch leises Knistern und Drehen, bewegt durch die Luftzirkulation – über den Gottesdienstbesuchern ihre Präsenz kund. Auf den zweiten Blick erkennt man in ihnen die bekannten Papiervögel.
Bedenkt man die kunstvollen Faltanleitungen, wird auch die intensive Arbeit am temporären Werk sichtbar. Michael Pendry faltete hunderte Papierskulpturen zusammen mit Gottesdienst- und Kirchengästen, Kindern des St. Martinszugs, religiösen oder nichtreligiösen Passantinnen und Passanten, die er auf ihrem Weg über den Viktualienmarkt in der Münchner Innenstadt traf. Als Träger vereinzelter Beschriftungen mit Wünschen und Botschaften, füllen die Tauben als mediale Vermittlerinnen den Kirchenraum.
Auf seiner Homepage fragt der Künstler: „Wie sehen wir heute das Geistige, den Heiligen Geist und was ist das überhaupt?“. Michael Pendry zeigt seine künstlerische Interpretation in einer atmosphärischen Rauminstallation und der ambivalenten Präsenz und Flüchtigkeit der Tauben. Deren Implikationen, individuelle Gestaltung und fragile Materialität verweist dabei auch auf religiöse Symbolik und unmittelbare Wünsche. Damit bezieht sich Les Colombes auf die Bildsprache der Heilig Geist Kirche und übersetzt sie nicht nur ins Räumliche, sondern auch in die alltägliche Erfahrungsebene der Betrachterinnen und Betrachter.
Text: Celica Fitz, 2014
Die Foto und Bildrechte liegen beim Künstler Michael Pendry.
Michael Pendry (*1974) arbeitet als Designer und freier Künstler in München und London.