KBT Rostock – Pressemitteilungen

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Unübersehbar rückt der 27. Ev. Kirchbautag in der Hansestadt näher. Seit einigen Tagen kündet ein großes Banner vom Eingangsportal der Nikolaikirche von der 3-tägigen Veranstaltung vom 23.-25.06. 2011.

Auf diesen Seiten stellen wir Ihnen Artikel und Beiträge der lokalen und überregionalen Presse rund um das Thema vor.

 

Kunst und Kirche 1/2011

Die Ausgabe 1/2011 der Zeitschrift ‘Kunst
und Kirche’ beschäftigt sich inhaltlich mit dem
Thema des Kirchbautags: “Orientierung im
ländlichen Raum”. Das Heft erhalten alle
Teilnehmer/-innen der Veranstaltung nach erfolgter
Anmeldung.

Diese und andere Ausgaben sind außerdem
direkt über das 
 Kirchbauinstitut oder über den
kunstundkirche.com zu beziehen.


Vorwort

Vom 23.–25. Juni 2011 findet in der Hansestadt Rostock der 27. Ev. Kirchbautag statt. Die vielen wunderschönen Dorfkirchen, Freiraum und Hoffnungsraum im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern, werden das Thema dieses Kirchbautages sein. Über die Zukunft dieser Dorfkirchen kann man jedoch nur sinnvoll reden, wenn man zugleich über die Zukunft der Region nachdenkt, über das Verhältnis von Zentrum und Peripherie, von Globalisierung und lokaler Autarkie, über eine ökologische Wende in der Landwirtschaft, über Landflucht und den demographischen Wandel. Ein großer konfliktreicher Strukturwandel kündigt sich in Europas Regionen an. Das zeigt sich nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. In Bayern, dem reichsten Flächenstaat der Bundesrepublik, sorgte ein Zukunftsrat der bayerischen Landesregierung für Furore mit seinem Vorschlag, die Zentren, die im globalen Wettbewerb bestehen, zu stärken auf Kosten der Peripherie. Als Abschied von der Fläche und Verabschiedung der ländlichen Randgebiete wurde dieses Konzept in Bayern wahrgenommen.

„Kunst und Kirche“ möchte mit diesem Heft über „Regionen“ einen Beitrag liefern in der Diskussion um die künftige Entwicklung des ländlichen Raumes. Wer über die Zukunft der Region und die Zukunft des ländlichen Raumes nachdenkt, sollte nicht nur auf Unternehmensberater setzten. Es lohnt sich, auch die Kunst und Architektur ins Spiel zu bringen. Welche Kompetenzen für die Zukunftsfragen des ländlichen Raumes in Kunst und Architektur verborgen sind, lässt sich in diesem Heft entdecken. Künstler gestalten die Verständigung über Fragen des Gemeinwohls, sie aktivieren das kollektive Gedächtnis in einem Dorf, entwickeln neue Perspektiven, wo man meint, keine Perspektiven mehr zu haben. Sie beleben alte Traditionen wie das gemeinsame Essen auf der Dorfstraße als Kunstform auf Zeit, oder entwickeln neue Bautypen, wenn sich ein Ritual wandelt. Künstler arbeiten an der Schärfung der Wahrnehmung, stiften neue Ordnungen oder kultivieren die Ausdrucksvielfalt in einer Region. Die Künstler und Architekten, die in diesem Heft vorgestellt werden, verbindet ihr vorrangiges Interesse am Prozess und nicht am Objekt. Die Formgebung und Formwerdung sozialer Prozesse und die Autonomie des künstlerischen Ausdrucks sind sicher nicht deckungsgleich, aber sie sind in den Arbeiten in diesem Heft vor allem kein Gegensatz.

So ist dieses Heft eine gute Vorbereitung auf den Kirchbautag in Rostock. Auch der Kirchbautag wird in der Diskussion um die Zukunft der Regionen seinen Beitrag leisten. Warum soll man nicht auch die Dorfkirchen als eine Ressource ins Spiel bringen? Die Kirchengebäude, so lautet die Botschaft des bürgerschaftlichen Engagements zur Erhaltung der Dorfkirchen in Mecklenburg, sind Freiräume und Hoffnungsräume, die im Strukturwandel der Regionen Landmarken der Orientierung und Vorratskammern an Bildern und Geschichten bieten, die für das Überleben einer Region unverzichtbar sind.

Thomas Erne/Bernhard Steger

 

Dorfkirchen sind “Gedächtnis eines Ortes”

Nach Ansicht des Marburger Theologen Thomas Erne bedroht der Strukturwandel die Dörfer und ihre Kirchen. “Zentrale Frage ist, ob die Landwirtschaft überlebt und ob es gelingt, auf dem Land Arbeitsplätze zu schaffen”, sagte der Direktor des Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart an der Marburger Universität in einem epd-Gespräch.

“Die Probleme der Dorfkirchen sind die Probleme des Dorfes”, betonte der Direktor des Instituts, das zur Evangelischen Kirche in Deutschland gehört. Ursprünglich seien Dörfer wirtschaftlich autark gewesen. “Das hat sich stark verändert.” Derzeit zögen immer mehr Menschen vom Land in die Städte. In vielen kleinen Orten sei nichts geblieben außer den Kirchen.

Erne rief dazu auf, neue Ideen für den ländlichen Raum und seine Kirchen zu entwickeln. Dorfkirchen seien ein “memory stick”, das “Gedächtnis eines Ortes”. Dort seien “Biografien verknüpft.” Die Kirchen müssten Funktionen für die Gemeinschaft eines Ortes übernehmen. Damit verbunden sei eine “Nutzungserweiterung”, zum Beispiel als Café, für die Jugendarbeit oder als Hotel.

Man müsse bei jeder Dorfkirche zusammen mit den Bewohnern des Ortes überlegen, wie sie genutzt werden könne. Erne nannte als Beispiel ein studentisches Projekt in Mecklenburg-Vorpommern, das ein “Netz von Fahrradstationen” entwickelte: Touristen radeln auf einer Route entlang von Dorfkirchen. Eine Kirche dient als Reparaturwerkstatt, in einer können die Radler übernachten und in einer anderen ein kulturelles Angebot wahrnehmen.

An der Erhaltung der Dorfkirchen sollten sich alle Bewohner beteiligen, aber dann müsse sich die Kirche auch für alle Bewohner öffnen und zu einer “Kirche des Dorfes” werden. “Jeder darf dort seine Identität kultivieren.” Die Finanzierung der Kirchen hält der Professor für Praktische Theologie für unproblematisch. “Wir leben in einem Land, das noch nie so reich war wie heute. Und in der Situation soll das Land nicht in der Lage sein, seinen Schatz an Kirchen zu erhalten?” Allerdings werde man wohl nicht alle erhalten können, räumte Erne ein. Wenn es in Deutschland verwaiste Landstriche geben werde, “dann werden dort auch die Kirchen sterben”.

epd