Unter den Nominierungen für den DAM Preis 2018, der jährlich von einer Spezialistenjury bestimmt wird, waren einige neue Gemeindehausbauten wie dieses Gemeindehaus der Ev. Pfarrgemeinde in Huchenfeld bei Pforzheim.
Einerseits werden im Umfeld der Kirchenumnutzungswelle oft die Gemeindehäuser samt Baugrund veräußert um damit den Erhalt oder Umbau eines Kirchengebäudes zu finanzieren. Andererseits haben Gemeindehäuser Vorteile gegenüber einem Kirchengebäude, die dieses auch durch Umgestaltungen schwer einholt. Sie sind „niedrigschwellig“, d.h. auch Nicht-Kirchgänger betreten sie ungehemmt. Sie leisten unprätentiöse Impulse für das soziale Miteinander im Stadtteil- bzw. im Dorf. Sie sind von vornherein für allerlei Aktivitäten geplant, vom Chor über die Turn-oder Tanzgruppe, den Seniorennachmittag, Hochzeits- und andere Feiern, Mutter-Kind-Gruppe, Jugendliche, usw. Außerdem befindet sich hier oft die Pfarrverwaltung und es gibt Raum für Sitzungen, die gern von kommunalen Gremien oder Vereinen in Anspruch genommen werden. Die Architektur ist von vornherein auf die Nutzung hin geplant und geformt. Auf diese Weise sind in den 70er und 80er Jahren sehenswerte, auch ökumenische Gemeindezentren entstanden, die städtebaulich positiv in ihre Viertel ausstrahlen.
Zugrunde lag in der Theorie der Agora-Gedanke, denn im Idealfall sollte das kirchliche Gemeindezentrum das Herz eines Dorfes oder Stadt sein, so wie der öffentliche Marktplatz für alle Bewohner in den frühen Stadtkulturen Griechenlands. Allgemeine Belange und persönliche Bedürfnisse, die spontane und friedliche Begegnung unterschiedlichster Menschen an einem dafür geplanten Ort war zu Zeiten des Booms der multifunktionalen Kirchenzentren in den 60er und 70er Jahren ein Ideal. Oftmals spielen die eigentlichen Gottesdiensträume nur eine Nebenrolle im vielfältigen Raumprogramm der Gemeindezentren.
Manche Gemeinden wollten aber nicht auf einen eigenen Kirchenbau verzichten und so gab es dann beides: Kirche und Gemeindehaus, das eine für den liturgischen und das andere für den sozialen Kontext gestaltet. Dabei fiel die Architektur für das Gemeindehaus des öfteren sehr bescheiden aus in der gestalterischen Qualität.
Das alte Gemeindehaus in Pforzheim Huchenfeld aus den 60-er Jahren war auch so ein Fall und außerdem war es dringend sanierungsbedürftig. Statt eines Neubaus entschied man sich nach einem Architektenwettbewerb für einen Umbau und eine Erweiterung durch ein komplett neues Obergeschoss. Dadurch hat das Gebäude einen Quantensprung vom Charme einer Garage zu einem positiv auf sein Umfeld reagierendes und ausstrahlendes Bauwerk gemacht.
Auf der Südseite ist das Gebäude nun zweigeschossig. Von den Mehrzweckräumen aus gelangt man direkt in den Garten. Die Hanglage erweist sich im unteren Stockwerk als Vorteil für privatere und weniger einsehbare Veranstaltungen. Die Jugendräume finden sich hier, markant gestaltet durch einen roten Linoleumboden. Ansonsten hält eingeschränkte nachhaltige Materialauswahl die Räume klar und für vielfältige Nutzungen offen. Reichlich Licht kommt durch allseitige große Fensterwände und man hat einen wunderbaren Blick ins Tal. Diese Transparenz ist auch ein Signal der Offenheit an alle, die noch nicht kommen, die erst mal von Ferne neugierig sein wollen, die nur mal sehen wollen, was da so passiert. So ergeht quasi eine nonverbale Einladung an die Passanten. Neugierig macht auch das Vor- und Zurückspringen des Baukörpers und die reichhaltige Verteilung unterschiedlicher Fenster sowie die senkrecht verlaufende stäbchenförmige Holzverkleidung. Lust auf Erkundung, ein Umschreiten und Betrachten sind spontane Reaktionen. Im Außenbereich sind zwei Hof- oder Platzsituationen geschaffen worden, die zwischen Kirche und Ort vermitteln, indem sie einladende Aufenthaltsbereiche im Freien schaffen. (Claudia Breinl)
ARCHITEKTUR 109, Mark Arnold und Arne Fentzloff Freie Architekten BDA
Fotos: Dietmar Strauss
Pfarramt
An der Kirche 3a
75181 Pforzheim-Huchenfeld
Öffnungszeiten
Montag: 10-12 Uhr
Donnerstag: 16-18 Uhr
Freitag: 08-10 Uhr
E-Mail: pfarramt-huchenfeld@web.de
Tel.: 07231 / 700 40