Architekturflash Dezember 2016 – MARIENKIRCHE BOCHUM

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Nachnutzung als Konzertfoyer

2002 wurde die neogotische Kirche St. Marien aufgegeben und profaniert. Doch als 2004 der Abriss drohte, löste das in der Bevölkerung große Anteilnahme aus. Es gründeten sich Initiativen wie der Förderverein Pro Marienkirche Bochum-Mitte e.V. für die Erhaltung des stadtteilprägenden Sakralbaus.

Ein wesentlicher Impuls für die heutige Lösung ging allerdings vom Freundeskreis der Bochumer Symphoniker e.V. aus, der auf der Suche nach einem Konzertsaal für das Orchester war. Die beiden Initiativen „Rettung der Marienkirche“ und „ein Konzerthaus für die Bochumer Symphoniker“ entwickelten hohe Popularität und rückten mit der Marienkirche ins Zentrum des Kreativviertels „ViktoriaQuartier“. Dieses Viertel zwischen der Jahrhunderthalle und dem Bochumer Schauspielhaus wird seit 2012 mit EU-Mitteln zu einem Standort der Kreativwirtschaft entwickelt.

Das große bürgerschaftliche Engagement und eine millionenstarke Spendensumme setzten die Stadt Bochum in die Lage, die Marienkirche samt Grundstück vom Bistum Essen zu erwerben. Es sollte hier ein neues Musikforum entstehen, das Musikforum Ruhr, für Proben und Auftrittsort für verschiedene Musikensembles und als Stammhaus der Bochumer Symphoniker.

Den  europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb gewannen  Bez + Kock Architekten aus Stuttgart mit einem kompakten Gebäudeensemble, welches als gestrecktes Rechteck die Breite und Traufhöhe des dreischiffigen Langhauses der Kirche fortsetzt und den Kirchenbau beidseitig flankiert. Der Chor und der Turm der Marienkirche überragen das strenge Gebäudeensemble. Mit einer deutlichen Fuge setzen sich die Neubauten mit einer hellen Klinkerfassade kontrastreich vom dunklen Herdecker Backstein des Kirchengebäudes ab.  Die dreischiffige Hallenkirche betreten die Besucher heute über zwei neue Eingänge im ehemaligen Chor, der nun in dem Musikzentrum das großzügige Foyer bildet. Mit einer strahlend weißen Gestaltung überrascht es die Eintretenden. Es ist Raum für Konzertpausen oder auch Lesungen und kleinere Musikaufführungen. Boden und Deckenverkleidungen wurden in weißen Materialien mit eingelassenen grafischen Spiegelflächen gestaltet. Einbauten aus amerikanischem Kirschholz für die Ticketkasse, Bar und Garderobe bilden einen warmen Kontrast. Blickfang des Raumes sind die drei abstrakten Chorfenster des Bochumer Künstlers Heinrich Wilthelm von 1969.

Vom Kirchenfoyer aus gelangen die Zuschauer in die zwei neuen Musiksäle, einen kleineren Multifunktionssaal und den großen Saal mit 964 Plätzen. Die international bekannten Bochumer Symphoniker haben unter der Leitung des Generalmusikdirektor Steven Sloane über Jahrzehnte ohne feste Heimstatt an ständig wechselnden Orten geprobt und aufgeführt. Mit dem Musikforum Ruhr erhielten sie nun ein eigenes Zuhause und die Marienkirche eine würdige Nachnutzung.

Text und Fotos: Bettina Schürkamp; redaktionelle Bearbeitung: Claudia Breinl

Bez und Kock Architekten, Stuttgart  www.bez-kock.de

siehe auch “Kunst und Kirche”, Heft 4/2016 Metaphysik, S. 46-47